Kommunikative Konzepte statt Richtlinien für das Zusammenleben

Wohnungsvergabe allein kann das Zusammenleben von Menschen in großen Wohnanlagen nicht regeln. Dazu braucht es kommunikative Ansätze, wie uns das Beispiel Rheinstrasse Süd in Bregenz zeigt.

Unter dem Titel „Nebeneinander Wohnen, gemeinsam Leben“ wurden die künftigen BewohnerInnen einer neuen Wohnanlage (4 Objekte mit insgesamt 62 Wohnungen, zu 40% Menschen mit Migrationshintergrund, ca. 100 Erwachsene und 50 Kinder) schon vor dem Wohnungsbezug vom Institut für Sozialdienste Vorarlberg professionell begleitet.

In einem moderierten Prozess zwischen künftigen BewohnerInnen, Bauträger/Hausverwaltung und Stadt Bregenz wurde versucht, ein offenes, sachliche orientiertes und tolerantes Zusammenleben der Generationen und Kulturen zu gestalten.

Ziele des Projektes:

• Eine Wohnanlage als Lebensraum begreifen, in dem jede/r für die Kultur des Zusammenlebens mitverantwortlich ist;
• Vorurteile, Ängste und Schwellen durch begleitete Kommunikation und Begegnung verringern;
• Aufbau von Hausgemeinschaften
• Mögliche nachbarschaftliche Konflikt nicht wegharmonisieren aber Ressourcen der BewohnerInnen für deren Analyse und Bearbeitung mobilisieren;
• Positive Identifikation mit der Wahnanlage
• Gemeinsam Regeln des Zusammenlebens erarbeiten (eigene Hausordnung)

Der Ablauf von der offiziellen Wohnungsvergabe bis zum gestaffelten Einzug in die Wohnanlage erstreckte sich über 5 Monate und kostete 8.000 Euro wovon die eine Hälfte vom Bauträger, die andere Hälfte von der Stadt Bregenz übernommen wurden.

Nach ersten Treffen zum gegenseitigen Kennenlernen und Baustellenbegehungen zum Kennenlernen des künftigen Daheims wurde durch aktivierende Befragungen aber auch Diskussionen festgestellt, was den einzelnen BewohnerInnen für das Zusammenleben wichtig ist.

In einer Versammlung aller künftigen MieterInnen, an der 80% (!) teilnahmen, wurde dann gemeinsam eine Hausordnung erarbeitet.

Der Prozess, aber auch die Freigabe der Hausordnung war für die „Wohnbauselbsthilfe“ = Bauträger und Verwalter eine neue wichtige Erfahrung, die er künftig zum Standard machen will.

Nach der gestaffelten Schlüsselübergabe (Ende Feber 07) fand eine symbolische Wohnungsübergabe in Form eines Festaktes statt, an dem sich Nahversorger und Dienstleistungsbetriebe der Umgebung mit Geschenken beteiligten.

Eine MieterInnengruppe ist dabei, ein Siedlungsfest für Juni zu planen, die Moderatorin wird weitere Gespräche mit den BewohnerInnen führen, um die Einhaltung der selbst gegebenen regeln zu evaluieren und die Kür von HausprecherInnen vorzubereiten, regelmäßige Treffen der MieterInnen sollen zum Standard werden.

Ergebnisse
• Auf politischer Ebene
– Umsetzung der Gedanken des Integrationsleitbilds
– Ein Instrument um Vorurteilen vorzubeugen
– Öffentlicher Blick auf „Ausländersiedlung“ hat sich verändert
• Auf der operativen Umsetzungsebene
– Stellenwert der Begleitung wurde erkannt
– Erweiterung des Handlungsspielraums für Hausverwaltung
– Einzugsbegleitung soll Standard werden
• Auf der Ebene der MieterInnen
– Grundstein für Ausbau der Kontakte wurde gelegt
– Gesprächsbasis für zukünftige Probleme hergestellt
– Im näheren Kontakt können sich Vorurteile entschärfen
– Okay zusammen leben
– Aufgeschlossene, an De-Eskalation interessierte JournalistInnen

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