Eva Konrad: Wider die universitäre Ordnungspolitik
Wider die universitäre Ordnungspolitik
...warum die Universitäten nicht zum Planspiel der Manager werden dürfen. Eine Replik auf Andreas Altmanns „Kommentar der Anderen“ vom 27.12. Von Eva Konrad.
Andreas Altmann hat Recht. Sieht man Universitäten als reine Ausbildungsstätten, deren Aufgabe in der möglichst effizienten Abfertigung möglichst vieler fleißiger Mindeststudiendauer-Studierenden besteht, hat der MCI-Chef Recht. Will man den Hochschulen 'ordnungspolitische Maßnahmen' aufzwingen, die sie zu Wirtschaftsfaktoren und die Studierende ausschließlich zu zukünftigen Arbeitskräften machen, hat er Recht. Will man den Standortwettbewerb der europäischen Universitäten dadurch beenden, dass man sich nach der Decke der geschlossensten, am stärksten selektierenden Systeme mit sündteuren Elite-Unis streckt, hat er Recht.
Die Manager entwerfen unter dem Deckmantel der Entideologisierung ihr ganz eigenes Planspiel. Die Errungenschaften der StudentInnenbewegung der 60er-Jahre und die Drittelparität in den Universitäts-Gremien sind längst wieder abgeschafft worden. Jetzt soll es, geht es nach den Managern, den letzten Resten universitärer Demokratie und Freiheit an den Kragen gehen. Altmann dürfte aber übersehen haben, dass der Bologna-Prozess, auf den er sich beruft, nicht zufällig Prozess und nicht Plan heißt. Ein Prozess kann auch einen Paradigmenwechsel beinhalten - den bräuchten unsere Universitäten dringend. Das herrschende Paradigma der reinen Wirtschaftlichkeit, wonach sich Universitäten an den Fachhochschulen zu orientieren haben und - geht es nach Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl – die Bachelor-Studien den FH-Lehrgängen angepasst und gleichgestellt werden sollen, bricht mit der ureigensten Definition der Wissenschaft: die Freiheit der Forschung und Lehre. Das Paradigma der Wirtschaftlichkeit müsste einem Paradigma der Wissenschaftlichkeit weichen.
Die Freiheit der Lehre und Forschung beinhaltet aber auch die Freiheit, ein Studium als wesentlichen Schritt zur Persönlichkeits-, nicht nur zur Berufsbildung zu sehen. Das bedeutet manchmal Umwege, Studienwechsel und zusätzliche Semester. Das bedeutet auch unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten innerhalb einiger Jahre und Forschungsprojekte, die sich kurz vor dem Abschluss als Nonsens herausstellen. Das alles wollen Manager wie Altmann nicht: sie predigen die Ideologie der Vereinheitlichung und der Effizienz. Sie sehen ein Studium ausschließlich aus dem Blickwinkel von Industrie und Wirtschaft. Altmanns Fachhochschule heißt „MCI - Die unternehmerische Hochschule“. Zufälle sind also auszuschließen.
In dieses Schema passt auch die Vorstellung, Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen wären unumgänglich. Sie sind es nicht, wie Kreditmodelle und auch Länder mit gänzlich freiem Hochschulzugang zeigen. Diese Einschränkungen sind als Vehikel für die Effizienzsteigerung der Hochschulen aus Sicht der Manager ideal – ihre kontinuierliche Verschärfung als Naturgesetz darzustellen, erspart ihnen lediglich die Diskussion über deren Sinnhaftigkeit. An den Bedürfnissen der Studierenden gehen sie gänzlich vorbei: Nicht zuletzt die Diskussionen über die katastrophale Ausstattung der österreichischen Universitäten bei gleichzeitiger steigender finanzieller Belastung für Studierende hat einer Regierung, die aus Sicht der Manager vorbildliche Ordnungspolitik an den Universitäten gemacht hat, ein jähes Ende bereitet.
Andreas Altmann hat innerhalb seiner Ideologie, die so tut, als wäre sie keine, Recht. Er hat dabei lediglich auf Eckpfeiler des Universitätswesen vergessen, die für ihn nur Fußnoten sind: das Mitbestimmungsrecht der Studierenden, die Freiheit der Lehre und der gesellschaftspolitische, kritische Auftrag der Hochschulen.
Für Altmann mögen das Kinkerlitzchen sein. Für mich und wie ich meine für die Mehrheit der Universitätsangehörigen sind sie es nicht.
Eva Konrad ist Grüne Bundesrätin, Anglistik-Studentin und ehem. Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
http://www.gruene.at/personen/eva_konrad
...warum die Universitäten nicht zum Planspiel der Manager werden dürfen. Eine Replik auf Andreas Altmanns „Kommentar der Anderen“ vom 27.12. Von Eva Konrad.
Andreas Altmann hat Recht. Sieht man Universitäten als reine Ausbildungsstätten, deren Aufgabe in der möglichst effizienten Abfertigung möglichst vieler fleißiger Mindeststudiendauer-Studierenden besteht, hat der MCI-Chef Recht. Will man den Hochschulen 'ordnungspolitische Maßnahmen' aufzwingen, die sie zu Wirtschaftsfaktoren und die Studierende ausschließlich zu zukünftigen Arbeitskräften machen, hat er Recht. Will man den Standortwettbewerb der europäischen Universitäten dadurch beenden, dass man sich nach der Decke der geschlossensten, am stärksten selektierenden Systeme mit sündteuren Elite-Unis streckt, hat er Recht.
Die Manager entwerfen unter dem Deckmantel der Entideologisierung ihr ganz eigenes Planspiel. Die Errungenschaften der StudentInnenbewegung der 60er-Jahre und die Drittelparität in den Universitäts-Gremien sind längst wieder abgeschafft worden. Jetzt soll es, geht es nach den Managern, den letzten Resten universitärer Demokratie und Freiheit an den Kragen gehen. Altmann dürfte aber übersehen haben, dass der Bologna-Prozess, auf den er sich beruft, nicht zufällig Prozess und nicht Plan heißt. Ein Prozess kann auch einen Paradigmenwechsel beinhalten - den bräuchten unsere Universitäten dringend. Das herrschende Paradigma der reinen Wirtschaftlichkeit, wonach sich Universitäten an den Fachhochschulen zu orientieren haben und - geht es nach Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl – die Bachelor-Studien den FH-Lehrgängen angepasst und gleichgestellt werden sollen, bricht mit der ureigensten Definition der Wissenschaft: die Freiheit der Forschung und Lehre. Das Paradigma der Wirtschaftlichkeit müsste einem Paradigma der Wissenschaftlichkeit weichen.
Die Freiheit der Lehre und Forschung beinhaltet aber auch die Freiheit, ein Studium als wesentlichen Schritt zur Persönlichkeits-, nicht nur zur Berufsbildung zu sehen. Das bedeutet manchmal Umwege, Studienwechsel und zusätzliche Semester. Das bedeutet auch unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten innerhalb einiger Jahre und Forschungsprojekte, die sich kurz vor dem Abschluss als Nonsens herausstellen. Das alles wollen Manager wie Altmann nicht: sie predigen die Ideologie der Vereinheitlichung und der Effizienz. Sie sehen ein Studium ausschließlich aus dem Blickwinkel von Industrie und Wirtschaft. Altmanns Fachhochschule heißt „MCI - Die unternehmerische Hochschule“. Zufälle sind also auszuschließen.
In dieses Schema passt auch die Vorstellung, Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen wären unumgänglich. Sie sind es nicht, wie Kreditmodelle und auch Länder mit gänzlich freiem Hochschulzugang zeigen. Diese Einschränkungen sind als Vehikel für die Effizienzsteigerung der Hochschulen aus Sicht der Manager ideal – ihre kontinuierliche Verschärfung als Naturgesetz darzustellen, erspart ihnen lediglich die Diskussion über deren Sinnhaftigkeit. An den Bedürfnissen der Studierenden gehen sie gänzlich vorbei: Nicht zuletzt die Diskussionen über die katastrophale Ausstattung der österreichischen Universitäten bei gleichzeitiger steigender finanzieller Belastung für Studierende hat einer Regierung, die aus Sicht der Manager vorbildliche Ordnungspolitik an den Universitäten gemacht hat, ein jähes Ende bereitet.
Andreas Altmann hat innerhalb seiner Ideologie, die so tut, als wäre sie keine, Recht. Er hat dabei lediglich auf Eckpfeiler des Universitätswesen vergessen, die für ihn nur Fußnoten sind: das Mitbestimmungsrecht der Studierenden, die Freiheit der Lehre und der gesellschaftspolitische, kritische Auftrag der Hochschulen.
Für Altmann mögen das Kinkerlitzchen sein. Für mich und wie ich meine für die Mehrheit der Universitätsangehörigen sind sie es nicht.
Eva Konrad ist Grüne Bundesrätin, Anglistik-Studentin und ehem. Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
http://www.gruene.at/personen/eva_konrad
gebi - 2. Jan, 11:27